Stefan Illies | Muss der Bauherr für entfallene Leistungen bezahlen?
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Muss der Bauherr für entfallene Leistungen bezahlen?

Muss der Bauherr für entfallene Leistungen bezahlen?

In einem Bauvorhaben ändert sich oftmals die eigentlich beauftragte Leistung. Neue Arbeiten kommen hinzu, andere Leistungen werden im Gegenzug auf Wunsch des Bauherrn jetzt doch nicht ausgeführt. Solche Leistungsänderungen werden erfahrungsgemäß meist formlos auf der Baustelle betroffen oder ergeben sich schlichtweg aufgrund geänderter Umstände und werden dann schnell und pragmatisch umgesetzt. Über die Folgen einer solchen Leistungsänderung, insbesondere hinsichtlich der Änderung des Preises bzw. eine Zusatzvergütung, streitet man sich dann aber nach Abschluss der Arbeiten und Schlussrechnungsstellung. Viele Baubeteiligte unterliegen dem Irrtum, dass eine entfallene Leistung auch nie zu zahlen sei. Hierfür ist zunächst der Vertragscharakter entscheidend:

 

  • Pauschalvertrag: Bei einem Pauschalvertrag ist die zu erbringende Leistung, für die ein Pauschalpreis vereinbart ist, lediglich funktional beschrieben (Bsp.: „Errichtung eines Kellers laut angehängtem Plan“). Es kommt nicht auf die tatsächlich erbrachten Mengen und Massen an, sondern nur, ob das geschuldete Werk funktionsfähig hergestellt wurde. Kommt es bei einem Pauschalpreis zu Wegfall von Bauleistungen (bspw. innenliegende Kellerwände wie im Plan vorgesehen, sollen auf Wunsch der Bauherrschaft nicht ausgeführt werden), so kann der Auftragnehmer trotzdem dem Pauschalpreis fordern, auch wenn er durch die entfallenen Leistungen erheblich Geld einspart. Auf der anderen Seite kann der Auftragnehmer auch keine Mehrforderung geltend machen, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass aus statischen Gründen wesentlich mehr Beton gegossen werden muss, als der Auftragnehmer zuvor einkalkuliert hatte. Der Pauschalpreis birgt insbesondere für den Auftragnehmer ein Kostenrisiko.

 

  • Einheitspreisvertrag: Soweit nach den tatsächlich erbrachten Mengen, Massen und Stunden abgerechnet werden soll, liegt ein Einheitspreisvertrag vor. Das Leistungsverzeichnis kann insoweit nur als eine Schätzung des zu erwartenden Aufwands verstanden werden. Entfallen Leistungen aus diesem Leistungsverzeichnis, hat der Auftragnehmer auf eine Vergütung für diese entfallenden Leistungen grundsätzlich keinen Anspruch. Erhöhen sich die Mengen und Massen, erhöht sich auch die Vergütung entsprechend. Eine besondere Regelung sieht die VOB/B vor. Unter gewissen Voraussetzungen kann bei einem VOB/B-Vertrag ein Ausgleich für die entfallenen Leistungen zu zahlen sein. Bei einem Einheitspreisvertrag ist für den Bauherrn im Vorfeld nicht absehbar, mit welcher Werklohnhöhe er zu rechnen hat.

 

  • Pauschaldetailvertrag: Haben die Parteien den Umfang der geschuldeten Leistung durch Angaben in einem Leistungsverzeichnis (detailliert) festgelegt und für diese einen pauschalen („Fest-„)Preis vereinbart, werden entfallende Arbeiten grundsätzlich nicht vergütet. Allerdings handelt es sich, soweit vom Bauherrn veranlasst, bei diesen entfallenden Leistungen um eine Teilkündigung des pauschalierten Auftragsumfangs. Als Folge einer solchen Teilkündigung steht dem Auftragnehmer unter anderem der auf diese Position entfallende Gewinn zu.

 

Fazit

 

Die Änderung des Leistungsumfangs während der Bauphase ist aufgrund der Komplexität eines Bauvorhabens und hiermit einhergehenden Unwägbarkeiten eines der heikelsten Streitpunkte am Bau. Sowohl die Bauherren- als auch die Auftragnehmerseite sind gut beraten, wenn sie dieses Kostenrisiko bereits bei Wahl des richtigen Vertragstyps beachten. Unerlässlich sind ferner eine unmissverständliche Leistungsbeschreibung sowie vertragliche Regelungen zum Umgang mit der Beauftragung von Zusatzleistungen und Vergütung dieser. 

Vielfach ist auch das Phänomen anzutreffen, dass jeden auf der Baustelle tätigen Unternehmer pauschal die Verkehrssicherungspflicht auferlegt wurde. Dies kann letztlich dazu führen, dass die Verkehrssicherungspflicht insgesamt beim Bauherrn verbleibt. Ferner darf der Dritte, der für die Verkehrssicherung verantwortlich sein soll, auch nicht in seiner diesbezüglichen Entscheidungs­gewalt zu eng begrenzt sein. Zur Überwachung des mit der Verkehrssicherungspflicht betrauten Dritten bedarf es unter anderem der vertraglichen Vereinbarung von Mitteilungspflichten und eines Mindestdeckungsschutzes durch eine Haftpflichtversicherung.

Sollten Sie Rückfragen haben oder weitere Informationen brauchen, steht Ihnen Herr Rechtsanwalt Stefan Illies
unter illies@kanzlei-illies.de oder telefonisch unter 06221 / 6536296 zur Verfügung.